Garsten einst und jetzt

Der Ortsname „Garstina“ wird erstmals um 985 in der Aufzeichnung über die sogenannte Synode von Mistelbach als slawische Siedlung urkundlich genannt. Das Gebiet unterstand territorial den Grund- und Landesherren der Steiermark. Otakar II. gründete um 1080 ein Kollegiatstift, wandelte es im Jahre 1107 in ein Benediktinerkloster um und berief Benediktiner-Mönche aus Göttweig hierher.

Unter dem 1. Abt Berthold nahm das Kloster, das mit einer eigenen Kirche ausgestattet wurde, einen beachtlichen geistigen und wirtschaftlichen Aufschwung. Seine Mönche machten das zum Stift gehörige Gebiet urbar und übernahmen die seelsorgliche Betreuung der Pfarren des Ennstales bis Gaflenz und des Steyrtales bis Molln. Im März des Jahres 1677 entschlossen sich die Mönche trotz der Bedrohung durch die Türken zum totalen Abbruch der mittelalterlichen Stiftskirche. Noch im selben Jahr wurde unter Abt Roman Rauscher der Grundstein zum völligen Neubau von Kirche und Kloster in barockem Stil gelegt. Das neue Gotteshaus – unter Abt Anselm Angerer fertiggestellt – wurde 1693 durch Phillip Graf von Lamberg, Fürstbischof von Passau, eingeweiht und ist heute noch Hauptanziehungspunkt von Garsten.

Die prächtige Stiftskirche des ehemaligen Benediktinerklosters wurde von den Brüdern Carlone erbaut und zählt zu den schönsten Bauwerken des Hochbarocks in Österreich. Bedeutende Künstler wie Jakob Prandtauer, Kremser-Schmidt, Carl von Reslfeldt und Marian Rittinger haben hier gewirkt. Stuckarbeiten von seltener Schönheit und prachtvolle Gobelins niederländischer Herkunft schmücken das Gotteshaus. In der Losensteinerkapelle, die anstelle der schon um 1100 bestehenden Laurentiuskapelle erbaut wurde, finden wir großartige Renaissance Hochgräber der Herren von Losenstein. Nach dem plötzlichen Tod des Abtes Maurus Gordon wurde von Kaiser Josef II. im Jahre 1787 das Kloster aufgehoben und dient seit 1850 als Männerstrafanstalt.

Je mehr wir in alten Schriften über Garsten und seine Geschichte nachlesen, desto mehr wächst die Bewunderung über die Größe und Bedeutung des ehemaligen Benediktiner-Stiftes. Garsten erinnert sich heute noch mit Stolz an die Vergangenheit und hat die historischen und lokalen Gegebenheiten zum Ansporn genommen, sich als wirtschaftlich aufstrebende Gemeinde zu behaupten und lebt bewusst in der Gegenwart.

Auch die große wirtschaftliche Bedeutung des Ennsflusses in den vergangenen Jahrhunderten hat sich geändert, ist aber nicht geringer geworden. So wurde die Enns durch den Bau der Kraftwerksanlagen zum großen Energiespender unseres Landes. Durch den Kraftwerksbau Garsten - St. Ulrich wurde das bestehende Landschaftsbild verändert, die Boigschleife wurde durch das Kraftwerk abgeschnitten und es entstand ein neuer Sport- und Erholungsraum, der der gesamten Bevölkerung und darüber hinaus noch vielen Erholungssuchenden zugute kommt.

Heute ist Garsten als touristische Gemeinde vor der alten Eisenstadt Steyr das Tor zum schönen Ennstal und bietet den Besuchern eine Fülle von lohnenden Ausflugszielen. Nette Wanderwege führen in das Dambachtal und zu den Waldrücken des Dambergs und Sonnbergs, in das Mühlbachtal zur Wallerkapelle und zu den Rebensteiner Mauern (steinzeitliche Funde).

Vier Kilometer von Garsten entfernt liegt die Ortschaft Christkindl – ein Juwel für Kunstkenner und Naturliebhaber. Abt Anselm Angerer ließ von den Baumeistern Giovanni Battista Carlone und Jakob Prandtauer Anfang des 18. Jahrhunderts die heutige Wallfahrtskirche erbauen. Um die Weihnachtszeit wird beim Kirchenwirt das berühmte „Christkindl-Sonderpostamt“ errichtet, das längst weltweit bekannt ist.

Auch Garsten hat mit dem schon zur Tradition gewordenen Adventmarkt in der Vorweihnachtszeit einiges zu bieten. Er führt viele Besucher aus nah und fern in unsere Gemeinde. Es werden viele Produkte aus heimischen Werkstätten und Bauernhöfen zum Kauf angeboten, kulturelle Veranstaltungen gegeben und so manches Handwerk, das vielleicht schon längst vergessen wurde, wird den Besuchern vorgestellt.

Die Marktgemeinde Garsten, nah zusammengerückt mit der Industriestadt – der alten Eisenstadt – Steyr, erfasst von den Strömen des täglichen Verkehrs auf Schiene und Straße, hat gewiss jene Atmosphäre bewahrt, die Bewohner und Besucher schätzen, die ein Maß an Lebensqualität bietet, das sich viele Menschen unserer Zeit wünschen.